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Microsoft-Chef Peter Waser hat beim Förderprogramm für die IT-Branche die Führung inne. Das sorgt im Parlament für Unmut.

David Vonplon, Tagesanzeiter/Der Bund, 14. September 2010

Die Schweiz hat bei der Anwendung von Informationstechnologien gegenüber dem Ausland Nachholbedarf. Und das, obwohl nirgendwo sonst so viel Geld ausgegeben wird für die IT-Infrastruktur. Diese Schwäche will Bundespräsidentin Doris Leuthard aus der Welt schaffen. Sie setzt dabei auf eine enge Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Wissenschaft. Das neu geschaffene «E-Economy-Board» soll dafür sorgen, dass die Schweiz endlich im digitalen Zeitalter ankommt.

Dass Microsoft-Schweiz-Chef Peter Waser dem Gremium als Präsident vorsteht, ist kein Zufall: Zusammen mit IBM hat der Softwaregigant im Vorfeld den Auftritt für das Förderprogramm zu einem grossen Teil bezahlt und gestaltet. Der Bund hält sich im Hintergrund: Lediglich 200 000 Franken im Jahr erhält das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) für das Betreiben der Geschäftsstelle; den Rest finanzieren die Unternehmen. Das sieht man der Internetplattform E-economy.ch auch an: Die Logos der beteiligten Firmen stechen hervor. Ein Klick genügt, und der Besucher landet auf der Website der Konzerne.

«Befremdende Wahl»

«Auf mich macht der Auftritt den Eindruck, als habe sich der Bund da von der Wirtschaft vor den Karren spannen lassen, und nicht umgekehrt», sagt Alec von Graffenried, Nationalrat der Grünen und Mitglied der parlamentarischen Gruppe «Digitale Nachhaltigkeit». Er fragt sich, warum die Propaganda für diesen auch stark durch KMU und Startups geprägten Sektor ausgerechnet über Microsoft erfolgen muss.

Mit seiner Kritik steht von Graffenried nicht allein: Vor allem Vertreter des Vereins «/ch/open», der sich die Förderung offener IT-Systeme auf die Fahne geschrieben hat, sehen sich ein weiteres Mal vom Bund benachteiligt. «Die Ernennung von Waser ist befremdend», sagt Vorstandsmitglied Matthias Stürmer. Ausgerechnet jener Konzern werde wieder bevorteilt, der bereits von Millionen- Aufträgen des Bundes profitiert habe, die ohne Ausschreibung erfolgt seien. «Es ist offensichtlich, dass Microsoft darauf hofft, dank dem Förderprogramm leichter an weitere Aufträge zu kommen.»

Gleich lange Spiesse gefordert

Der Bund als Handlanger des US-Softwareriesen? «Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun», sagt Eric Scheidegger, stellvertretender Seco-Direktor. Man sei froh, dass Waser sich engagiere: «Es braucht Leute, die das nötige Knowhow mitbringen.» Auf die Frage, ob Microsoft der richtige Partner sei, entgegnete Bundespräsidentin Leuthard an der gestrigen Pressekonferenz in Bern, auch andere Interessenten seien im Gremium willkommen.

Vertreter der parlamentarischen Gruppe «Digitale Nachhaltigkeit» monieren jedoch, dass keine der vielen Schweizer Firmen, die mit Open-Source-Software geschäften – also mit Programmen, die nach Belieben kopiert und von jedermann verändert werden dürfen – vom Bund angefragt wurden. «Wieder zeigt sich, dass der Bund Open-Source-Vertreter ausschliesst», sagt FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. Der Co-Präsident der parlamentarischen Gruppe verspricht, nicht lockerzulassen, bis die Anbieter von Open-Source-Software gleich lange Spiesse bekommen wie die Anbieter proprietärer Software. Für ihn ist das Förderprogramm ein Beispiel dafür, wie gerne der Bund von den Vorteilen offener IT-Systeme spreche und dem freien Wissenszugriff das Wort rede. In Tat und Wahrheit jedoch unternehme er herzlich wenig dafür.

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