2016-06-19_zentralschweizamsonntag_blockchainmotion

Themen: Bitcoin/Blockchain, Vorstoss


Nach über zwei Jahren seit dem Bitcoin-Postulat setzt sich Parldigi wiederum mit einem neuen Vorstoss für die Stärkung von Digital-Währungen in der Schweiz ein. Nationalrat und Parldigi Co-Präsident Franz Grüter hat am 16. Juni 2016 mit Unterstützung von zahlreichen weiteren Parldigi-Mitgliedern eine Motion zur Förderung von Bitcoin und Blockchain Startups eingereicht. Die Hintergründe dazu wurden in der gestrigen Ausgabe der „Zentralschweiz am Sonntag“ erläutert (siehe unten).

Motion 16.3472: Risikogerechte Eingrenzung und Definition des Einlagebegriffs

Der Bundesrat wird beauftragt, den Einlagenbegriff aus Art. 1 Abs. 2 BankG und Art. 2 lit. a der BankV risikogerecht einzugrenzen und zu definieren. Die gegenwärtig weite Auslegung durch die Finma behindert innovative Blockchain-Startup Unternehmen, deren Geschäftsmodelle als Bankengeschäft qualifiziert werden, ohne dass der dem Einlagebegriff zugrundeliegende Schutzgedanke dies erfordern würde.

Begründung:

Für die Zukunft des Finanzplatzes Schweiz ist es entscheidend, bei den neusten technologischen Entwicklungen vorne dabei zu sein. Eine solche Technologie ist die Blockchain, wie vom Bundesrat in der Medienmitteilung vom 20.4.2016 festgehalten. Blockchains ermöglichen dank ihrer lückenlosen und nicht veränderbaren Historie den unwiderlegbaren Nachweis von Transaktionen. Damit könnten viele Geschäfte direkt zwischen zwei Vertragsparteien abgewickelt werden, die bislang einen Mittelsmann erforderten (z.B. Zahlungsdienstleister). Die Technologie birgt viel Potential, welches aber nur ausgeschöpft werden kann, wenn die entsprechenden Innovationen auf dem Markt getestet werden können. Die Schweiz hat die Chance zu einem weltweit führenden Standort für Blockchain-Startups zu werden.

Eine Praxis, die dies zurzeit behindert, ist die weite Auslegung des Einlagenbegriffs gemäss der Bankengesetzgebung. Diese führt dazu, dass viele Startups im Bereich Blockchain unnötig als Bank qualifiziert werden.

Dem Einlagenbegriff liegt das Interesse am Schutz der Einleger zugrunde. Nach heutiger Anwendung des Begriffs werden auch Nichtbanken zur Einhaltung von umfassenden Sorgfaltspflichten und Eigenmittelanforderungen in Millionenhöhe verpflichtet. Das ist für FinTech Startups unbefriedigend: (1) Eine Banklizenz ist zum Schutz des Kunden der neuen Dienstleistungen nicht notwendig; und (2) kein junges Startup kann sich eine Banklizenz leisten.

Der Einlagenbegriff soll – gerade auch im Hinblick auf die derzeit seitens FINMA in Ausarbeitung befindliche “Bankenliz Light“ – so eingegrenzt werden, dass nur Geschäftsmodelle erfasst werden, von welchen für den Kunden mit dem typischen Bankgeschäft (Zinsgeschäft) verbundene Risiken ausgehen. Die Entgegennahme von Vermögenswerten für vordefinierte Zwecke und mit tiefem Schutzbedürfnis – z.B. die Entgegennahme und Herausgabe von digitalen Währungen oder deren Speicherung (Aufbewahrung) analog zu Schliessfächern – darf nicht unter das BankG fallen.

 

Der Bericht in der „Zentralschweiz am Sonntag“ vom 19.06.2016 zeigt auf, weshalb dieser Einlagenbegriff so wichtig ist:

Neue Regeln für eine neue Finanzwelt

Eva Novak

SVP-Nationalrat Franz Grüter will bessere Startbedingungen für Firmen, die mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen geschäften. Er sieht ein riesiges Potential für die Schweiz.

Die Motion heisst „Eingrenzung des Einlagenbegriffs“ und liest sich so technisch, dass nur die wenigsten sie restlos verstehen. Trotzdem – oder vielleicht deswegen – hat der Luzerner SVP-Nationalrat Franz Grüter bis weit in die gegnerischen Reihen hinein Unterstützung geholt für seine Forderung, die Bankengesetzgebung so umzugestalten, dass „innovative Blockchain-Startups“ nicht mehr behindert werden. Zu den Unterzeichnerinnen gehört unter anderem die Thurgauer Sozialdemokratin Edith Graf-Litscher. Selbst der grüne Fraktionschef Balthasar Glättli hat seine Unterschrift unter den Vorstoss des SVP-Ratskollegen gesetzt.

Mit gutem Grund: Was so technisch klingt, hat nach Grüters Überzeugung das Potential, die Schweiz zu einem weltweit führenden Standort für eine Technologie zu machen, welche die Banken dereinst überflüssig machen könnte. „Blockchain“ oder auf Deutsch Blockkette ist jene Technologie, auf der unter anderem die digitale Währung Bitcoin beruht. Es handelt sich um ein verschlüsseltes System, welches Transaktionen direkt zwischen Vertragspartnern erlaubt – dank einem weltweiten Netz von Rechnern, welche jede einzelne Transaktion verzeichnen, verwalten und auf deren Richtigkeit prüfen. Weil keine Bank zwischengeschaltet werden muss, geht es einfacher und günstiger.

Trotzdem werden Startup-Unternehmen in diesem Bereich als Banken behandelt. Sie müssen etwa eine Banklizenz erwerben, was lange dauert und viel kostet. Das Gesetz schreibt unter anderem ein Mindestkapital von zehn Millionen Franken vor. Die Finma ist zwar daran, die Hürden abzubauen, und auch der Bundesrat hat kürzlich den Willen bekundet, den Markteintritt für neue, innovative Finanztechnologien zu erleichtern, und hat das Finanzdepartement beauftragt, bis im Herbst Vorschläge ausarbeiten. Doch so schnell mahlen die Bundesmühlen nicht. Zumal es Kritiker gibt, die sich gegen eine Liberalisierung wenden, weil sie fürchten, dass Bitcoin und andere Kryptowährungen wegen der Verschlüsselung für Drogenhandel oder gar zur Finanzierung von Terrorakten verwendet würden.

In dieser Situation möchte Grüter mit seiner Motion Druck machen, damit die Liberalisierung nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertagt wird. In seiner Motion schlägt er vor, dass der Begriff der Kundeneinlagen – der dazu führt, dass ein Unternehmen als Bank betrachtet wird – enger gefasst wird. Lange dürfe die Schweiz nicht zuwarten, warnt er, sonst würden andere Länder die Chance packen. Der IT-Unternehmer verweist auf die vielen Blockchain -Firmen, welche zurzeit ein neues Domizil suchen. Ein Grossteil davon stammt aus den USA, nachdem die Behörden des Staates New York strikte Regeln erlassen haben, welche die Newcomer vergraulen.

Als Alternative besonders beliebt sind England, Luxemburg, Singapur, Hongkong – und die Schweiz. Insbesondere die Umgebung von Zug, wo sich bereits ein Dutzend solcher Firmen niedergelassen haben, was der Region zwischen Zug und Baar zur Bezeichnung „Crypto valley“ verholfen hat, in Anlehnung an das kalifornische Silicon Valley. Was die Stadt Zug zu honorieren wusste: Als weltweit erste Gemeinde lässt sie in einem Pilotprojekt Bitcoin als Zahlungsmittel zu.

Doch auch der Rest der Schweiz müsste sich innovativ zeigen. Das Rennen werde jenes Land gewinnen, dem es gelingt, möglichst rasch ein attraktives, aber trotzdem reguliertes Umfeld zu schaffen, sagt Andreas Glarner. An den Zürcher Rechtsanwalt gelangen junge Blockchain-Unternehmer, welche die Schweiz als Standort auserkoren haben, um von hier aus den Weltmarkt zu erobern. Und sie tun es immer häufiger: Seine Kanzlei erhalte zurzeit mehrere Anfragen pro Monat, berichtet Glarner.

Diese Chance gelte es zu packen, sagt Grüter. Der Verwaltungsratspräsident des Internetproviders green.ch erinnert daran, dass inzwischen 20 Prozent der europäischen Datenmengen in der Schweiz gelagert würden. Ähnliche Chancen böten sich nun mit den innovativen Finanztechnologien. In Zug sei die Saat bereits aufgegangen, doch auch Zürich, Genf oder Luzern könnten eine wichtige Rolle spielen, wenn das Umfeld stimmt: „Jetzt ist es wichtig, dass die Finma das Pflänzchen nicht mit einem Bürokratiemoloch umbringt.“

Die Mitunterzeichner teilen die Begeisterung des Motionärs nicht ganz. Edith Graf-Litscher, die zusammen mit Grüter die Parlamentarische Gruppe digitale Nachhaltigkeit präsidiert, legt vor allem Wert darauf, dass der Bundesrat die offenen Fragen zur schönen neuen Finanzwelt möglichst bald beantwortet. Während Glättli sekundiert, dass die digitalen Währungen und der regulatorische Umgang damit „ein sehr heisses Thema sind, um das sich die Schweiz bisher gedrückt hat“. Deshalb müsse der Bundesrat möglichst rasch Farbe bekennen. Ob es dann wirklich eine Liberalisierung brauche, stehe auf einem anderen Blatt.

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