Themen: Bundesverwaltung, GEVER, Öffentliche Beschaffung, Vorstoss


Nationalrätin Edith Graf-Litscher hatte im Dezember 2011 den Bundesrat bezüglich dem gestoppten Projekt GEVER Office einige kritische Fragen gestellt. Unterdessen hat der Bundesrat aufschlussreiche Antworten geliefert:

Antwort des Bundesrates vom 01.02.2012

Der Bundesrat hatte am 23. Januar 2008 beschlossen, in der ganzen Bundesverwaltung die Geschäftsverwaltung auf eine elektronische Basis zu stellen (Gever). Als Instrument der IKT zur Umsetzung der elektronischen Geschäftsführung stand damals in erster Linie die Standardlösung eGov-Suite basierend auf dem Produkt Fabasoft zur Verfügung. Sie ist bei mehreren Departementen im Einsatz. Gestützt auf eine moderate Mehrproduktestrategie hat der Informatikrat des Bundes im Juni 2011 eine vom Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) seit 2005 entwickelte Lösung Gever Office standardisiert.

In einer detaillierten Untersuchung, die das BIT unterdessen im Rahmen einer Standortbestimmung zur Lösung durchgeführt hat, musste es feststellen, dass die Weiterentwicklung von Gever Office wirtschaftlich nicht vertretbar ist. Auch bei einer substantiellen Verbreitung in der Verwaltung würde das Produkt über die nächsten Jahre nicht kostendeckend sein. Deshalb ist der einzig nachhaltige Weg, die Weiterentwicklung von Gever Office abzubrechen und eine zweite Gever-Lösung (im Sinne der Mehrproduktestrategie) über eine Ausschreibung am Markt zu beschaffen. Der Entscheid wurde nicht wegen der Qualität des Produkts getroffen – ausschlaggebend sind finanzielle Überlegungen.

1. Die Ausgaben des BIT seit 2005 bis zum Abbruch der Weiterentwicklung für die Entwicklung von Gever Office und dessen Pilotprojekte in den Departementen (inklusive der Entwicklung von Werkzeugen zur Unterstützung von Versionswechseln) beliefen sich auf rund 7,8 Millionen Franken. Die Kosten der einzelnen Verwaltungseinheiten für Gever-Einführungsprojekte sind darin nicht enthalten. Diese sind weitgehend organisatorischer Natur und wiederverwendbar. Diese Ausgaben sind in dem Sinne nicht verloren, als einerseits mit der Entwicklung von Gever Office wirksamer wirtschaftlicher Druck auf die andere Standardlösung ausgeübt werden konnte und andererseits die Lösung erfolgreich in wichtigen Bereichen, wie z. B. im Rahmen der Amtshilfeverfahren der Eidgenössischen Steuerverwaltung eingesetzt wurden. Zudem wurde für die Bundesverwaltung wichtiges Wissen aufgebaut. Eine präzise finanzielle Bewertung dieser positiven Effekte lässt sich nicht vornehmen.

2. Insgesamt wurden seit 2005 bis zum Abbruch der Weiterentwicklung für die Entwicklung von Gever Office und dessen Pilotprojekte Leistungen in der Höhe von insgesamt knapp 4,6 Millionen Franken von 16 externen Firmen bezogen (TOP 5 in Millionen Franken: Elca, 1,2; Advis, 1,2; Gridsoft, 0,5; Nexplore, 0,3; IT-Processing, 0,3).

3. Gever-Lösungen müssen den entsprechenden Standards genügen. Dafür existieren Grundlagendokumente, die öffentlich zugänglich sind, bzw. den Anbieterinnen im Rahmen der Neubeschaffung zur Verfügung gestellt werden. Diese Grundlagen, kombiniert mit dem Einsatz verschiedener Produkte, erlauben eine Reduktion der Abhängigkeit von einzelnen Firmen. Die Nachhaltigkeit wird weiter befördert, indem mittels Fachgremien (z. B. Fachgruppe Gever) spezialisierte und institutionalisierte Wissensträger aufgebaut und gepflegt werden.

4. Die Bundesverwaltung führt Beschaffungen nach geltendem Beschaffungsrecht (WTO-Verfahren) durch. Anbieterinnen von Open-Source-Software sind eingeladen, Angebote in diesem Rahmen einzubringen. Durch die Standardisierung von Gever-Lösungen und die damit zu nutzenden Austausch-Standards ist deren Interoperabilität gewährleistet, was entsprechend Handlungsfreiheit und Investitionssicherheit mit sich bringt.

Medienreaktionen

http://www.computerworld.ch/news/it-branche/artikel/gever-bundesrat-nennt-details-zum-projektstopp-59240/

http://www.inside-it.ch/articles/28016

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