Themen: Kt. Solothurn, Presse


Artikel in der Fachzeitschrift Die schweizerische Kommunal-Revue SKR

Interview von Silvie Hauser

Ein kompletter Umstieg auf ein Open Source Betriebssystem erscheint Vielen als grosser Schritt. Und doch haben bereits mehrere Kantone sowie das Bundesgericht auf Linux-Betriebssysteme migriert. Der Kanton Solothurn hat schon im Jahr 2007 die gesamte Desktopumgebung der Verwaltung auf Linux und OpenOffice. org umgestellt und wurde dafür im letzten Jahr mit dem Open Source Award ausgezeichnet. Kurt Bader, Vorsteher des Amtes für Informatik und Organisation des Kantons Solothurn, erläutert im Gespräch mit der SKR die wichtigsten technischen Aspekte der Migration.

SKR: Was waren die grössten technischen Hürden bei der Migration?

Kurt Bader: Um den Benutzern den Umstieg möglichst einfach zu machen, stellten wir den Anspruch, dass die neue Umgebung erscheinungsmässig der alten Umgebung möglichst nahe kommt und dass die Bedienung an die alte Bedienung angelehnt ist. Dies bedingte etwelche Engineering-Arbeiten bei der Einstellung der verschiedenen Anwendungen (DesktopOberfläche, OpenOffice-Einstellungen, usw). Im Rahmen unserer Desktop-Umstellung war die Funktionalität des eingesetzten Webmail-Systems eine grosse Schwachstelle. Der Produktlieferant konnte nicht sicherstellen, dass alle aus dem OutlookBereich bekannten Funktionalitäten im Webmail-Client termingerecht und in der geforderten Qualität verfügbar waren.

SKR: München und Wien haben auf ihre eigenen Bedürfnisse an gepasste Distributionen von Linux entwickeln lassen statt auf Standarddistributionen zurück zu greifen. Wie hat das der Kanton Solothurn gemacht?

K.B.: Im Kanton Solothurn setzen wir auf die Distribution Univention Corporate Server (UCS). Diese Distribution basiert auf der Debian-Distribution und ist im deutsch-sprachigen Gebiet (Deutschland-Österreich-Schweiz) stark verbreitet, da sie den gesamten technischen Bereich (Client, Server) inkl. Management der Benutzer und der angeschlossenen Geräte in einer Distribution abdeckt.

SKR: Wann und wieso entschied sich der Kanton Solothurn, strategisch auf Open Source Produkte zu setzen?

K.B.: Bereits im Jahr 2001 verabschiedete der Kanton folgendes langfristige und übergeordnete Ziel im Informatikbereich: Minimieren der Kosten und der Lieferanten-Abhängigkeiten durch den vermehrten Einsatz von offenen Systemen und Produkten und die strategische Ausrichtung auf das freie Betriebssystem Linux. Die Umsetzung dieses Ziels erfolgte in den ersten 5 Jahren schwergewichtig im Serverbereich. Dabei wurde speziell darauf geachtet, dass neue Fachanwendungen keine Office-Verknüpfungen benötigen, sondern möglichst alle Funktionen durch die Fachanwendungen zur Verfügung gestellt werden (z. B.: PDF-Auswertungen). Wenn trotzdem ein Datenexport notwendig ist, wird dieser über eine Produkt-neutrales Datenformat (CSV-Datei) sichergestellt, das von jeder Tabellenkalkulation weiterbearbeitet werden kann. Basierend auf diesen Vorarbeiten wurde ab dem Jahr 2007 der gesamte Desktopbereich der Verwaltung umgestellt.

SKR: Konnte der Kanton bereits Einsparungen durch den Einsatz von Open Source Produkten realisieren?

K.B.: Basierend auf realistischen Kostenschätzungen und verglichen mit den effektiven Informatikkosten und deren Entwicklung in den letzten 8 Jahren konnten jährlich ca. 10% der Gesamtaufwände im Informatikbereich eingespart werden.

SKR: Gab es im Bereich Mitarbeiterschulung Mehrkosten zu ver zeichnen, oder war das in etwa vergleichbar mit den Kosten für eine Weiterbildung auf Windows Vista oder Windows 7?

K.B.: Für die Mitarbeiterausbildung und die reine Umstellung wurden 2.5 Tage pro Person kalkuliert. Bei der Schulung wurden vor allem jene Bereiche angesprochen, bei denen der Benutzer Unterschiede zwischen der Windows- und der Linux-Umgebung feststellen kann. Die Unterschiede im Bereich OpenOffice.org und MSOffice97/2000 sind relativ klein, sodass man sich schnell zurecht findet. Die Umstellung der Desktop-Umgebung wurde gleichzeitig dazu genutzt, um Datenablagestrukturen und das Vorlagenmanagement zu überdenken und gegebenenfalls anzupassen.

SKR: Die Lösung des Kantons Solothurn wird im Sinne des Open Source Gedankens auch anderen Kantonen zur Verfügung ge stellt. Gibt es da bereits erste Kollaborationen?

K.B.: In verschiedenen Projekten gibt es seit längerer Zeit eine intensive Zusammenarbeit.

SKR: Wir danken Ihnen bestens für das Gespräch.

1 Kommentar

  • Liest sich gut, ist aber nicht das, was die Solothurner Zeitung und etliche Politiker seit Jahren verbreiten.

    Was mich auch erstaunt, darf Herr Bader sich nun wieder öffentlich äussern?-
    Wer meinte es gehe in einer kant. Vrwaltung schnell und ganz ohne Probleme, soll sich mal die Migration auf das unseelige vista in KMU vor Augen halten!

    Warum wurde übrigens die Pressemeldung „educa empfiehlt nun endlich OSS an SCHULEN“ ausgerechnet im Kanton SO in der Solothurner Zeitung nicht thematisiert, während alle Mängel verbunden mit der Umstellung auf linux postwendend genüsslich und umfangreich in der Zeitung sind!

    Wollte man MS in den Schulen noch das Geschäft machen lassen, wenn es in der kant. Verwaltung nichts mehr zu holen gibt! Da zahlen ja auch die Gemeinden, Eltern und SteuerzahlerInnnen und die merken es ja eh nicht, oder doch?-

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