Min Li Marti

Nationalrätin

Eingereicht am: 28.09.2016

30.09.2016 - 16.3730
Stufe: Nationale Vorstösse
Stand der Beratung: Erledigt

Der Bundesrat wird beauftragt, im Rahmen der Fachkräfte-Initiative und in Zusammenarbeit mit Hochschulen und der Wirtschaft weitere Massnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in ICT-Berufen zu ergreifen.

Begündung:

Die Schweiz hat einen Mangel an gut ausgebildeten und qualifizierten ICT-Fachpersonen. Der kommende Strukturwandel und die Digitalisierung werden diese Nachfrage noch erhöhen. Ein grosses Potenzial liegt dabei bei den Frauen. Der Frauenanteil in den ICT-Berufen ist in der Schweiz im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich. Dabei sind zwar die Frauenanteile sowohl in den Berufslehren wie auch bei den Studierenden gestiegen, dies aber im internationalen Vergleich ebenfalls unterdurchschnittlich. Verschiedene Initiativen, um Mädchen und Frauen mehr für Informatik und Technik zu begeistern, zeigen bis anhin nicht den gewünschten Effekt. Internationale Beispiele zeigen aber, dass es durchaus erfolgreiche Programme gibt: So konnten beispielsweise die amerikanischen Universitäten Harvey Mudd und Carnegie Mellon den Frauenanteil in der Informatik in den letzten Jahren massiv steigern, bei Harvey Mudd sind die Studentinnen dieses Jahr sogar in der Mehrheit. Verschiedene Studien haben Hinweise auf potenziell erfolgreiche Massnahmen gegeben:

1. Betonung der Vielseitigkeit von ICT-Berufen und der dort gefragten Kompetenzen, Wegkommen vom einseitigen Fokus auf Mathematik und Programmieren (Studieneinstieg muss auch ohne Programmier-Vorkenntnisse möglich sein);

2. weibliche Vorbilder (Geek- und Nerdkultur wirkt abschreckend);

3. grosses Potenzial bei Zweitausbildungen und Weiterbildung: Frühe Berufswahl in der Schweiz zementiert tendenziell Geschlechterrollen (Frauenanteil bei den Berufslehren tiefer als in den Fachhochschulen und Universitäten);

4. nichtdiskriminierende Arbeits- und Anstellungsbedingungen und Arbeitsklima;

5. gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Stellungnahme des Bundesrates vom 09.11.2016:

Der Bundesrat ist sich der Wichtigkeit der Ausbildung von Fachkräften im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (Mint) bewusst. Im Rahmen der BFI-Botschaft 2017-2020 ist daher auch vorgesehen, Massnahmen zur Stärkung der Mint-Kompetenzen weiterzuführen. Dafür sind – inklusive Aufwendungen für die Nachwuchsförderung – insgesamt rund 140 Millionen Franken vorgesehen.

Der Bundesrat sieht jedoch grundsätzlich davon ab, die Förderung top-down zu steuern. Neues zu erkennen und Ansätze zu entwickeln ist eine Aufgabe, die bottom-up durch Bildung und Forschung selbst zu erfolgen hat. Aufgabe der Politik ist es, die dafür erforderlichen Freiräume und Voraussetzungen zu schaffen.

Die Bewerbung von Berufen ist primär die Aufgabe der entsprechenden Organisationen der Arbeitswelt bzw. Trägerschaften. Der Bund kann aber gestützt auf das Berufsbildungsgesetz unter bestimmten Bedingungen Projekte im Bereich des Berufsmarketings subventionieren. Aktuell unterstützt er das Projekt ICT Scouts and Campus, das den Informatiknachwuchs gezielt fördert und dabei darauf achtet, dass der Frauenanteil rund die Hälfte ausmacht. In den vergangenen Jahren unterstützte der Berufsverband ICT-Berufsbildung die Kampagne IT-dreamjobs, welche gezielt Frauen im Sekundarschul- und Gymnasialschulalter ansprach. Nach wie vor beteiligt sich der Verband wie auch der Bund und die Kantone am Nationalen Zukunftstag, welcher das Spezialprogramm „Mädchen – Informatik – los“ anbietet. Der Verband hilft zudem Unternehmen und Firmen, Projektplätze für das Programm zur Verfügung zu stellen, sodass Mädchen im Alter zwischen 8 und 12 Jahren einen Einblick in das ICT-Berufsfeld erhalten.

Die Hochschulen in der Schweiz sind im Hinblick auf Entwicklung und Gestaltung ihrer Schwerpunkte autonom. Im Rahmen der strategischen Planung sind die einzelnen Hochschulen bestrebt, Massnahmen zur Umsetzung der Chancengleichheit zu ergreifen. Sie haben dazu Leitlinien erarbeitet. Swissuniversities, die Rektorenkonferenz der schweizerischen Hochschulen, verfolgt mit dem Programm „Chancengleichheit und Hochschulentwicklung“ das Ziel eines ausgewogenen Geschlechterverhältnisses. Durch das bewährte Instrument „Aktionsplan“ sollen Hochschulen für ihre Institution passgenaue Massnahmen durchführen. Dieses Programm wird im Rahmen der BFI-Botschaft 2017-2020 vom Bund mitfinanziert.

Ab 1. Januar 2017 wird die Vergabe der Finanzhilfen, welche das Gleichstellungsgesetz ermöglicht, noch konsequenter auf die Ziele der Fachkräfte-Initiative des Bundes ausgerichtet. Die Gelder werden vorrangig an Programme und Projekte vergeben, die Dienstleistungen und Produkte zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und zur Verwirklichung der Lohngleichheit in Unternehmen entwickeln. Einen zweiten Schwerpunkt bildet die Vergabe an Projekte, welche die gleichwertige Teilhabe von Frauen und Männern in Berufen und Branchen mit Fachkräftemangel vorsehen oder die verstärkte Integration von Frauen in den ICT-Bereich fördern.

Der Bundesrat geht mit der Motionärin einig, dass – geschlechterübergreifend – in der Schweiz ein Mangel an ICT-Fachkräften besteht. Er ist jedoch der Meinung, dass die Rahmenbedingungen, die die Deckung des Fachkräftemangels ermöglichen, gegeben sind und es nicht in seiner Verantwortung liegt, selber weitere Massnahmen zu ergreifen.

Antrag des Budnesrates vom 09.11.2016:

Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.