11.12.2009 - 09.4302
Stufe: Nationale Vorstösse
Stand der Beratung: Erledigt

Eingereichter Text

1. Der Bundesrat wird eingeladen, mittels verwaltungsinternen Weisungen sicherzustellen, dass die Bundesstellen bei Ausschreibungen die vollumfängliche Akzeptanz der AGB Bund nicht mehr zum Eignungskriterium (Muss-Kriterium) erklären, sondern sie ausschliesslich als Zuschlagskriterium (Kann-Kriterium) festlegen.

2. Die AGB Bund sowie die Beschaffungsrichtlinien des Bundes sind derart anzupassen, dass Informatik-Lösungen, basierend auf Open Source Software (OSS), bei der Beschaffung messbar gleiche Chancen haben wie proprietäre Lösungen.
Begründung

In der Open Source Strategie Bund aus dem Jahre 2005 ist festgehalten (Fussnote 1):

„Die wichtigste Rahmenbedingung für einen erfolgreichen Einsatz von OSS [Open Source Software] in der Bundesverwaltung ist, dass sie in der Beschaffung und beim Einsatz mit ‚gleich langen Spiessen‘ gegen CSS [Closed Source Software] antreten kann.“

Ein juristisches Gutachten (Fussnote 2) hat gezeigt, dass die heutigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bundes für Informatikdienstleistungen (AGB Bund, Fussnote 3) mit Blick auf Open Source Software angepasst werden müssen. Auch die Praxis bestätigt den Anpassungsbedarf. Die AGB Bund diskriminieren die Beschaffung von OSS gegenüber CSS.

Die AGB Bund und die Informatik-Beschaffung generell gehen von einem klassischen proprietären Vertragsmodell aus. Deshalb sind Anforderungen an Gewährleistung und Haftung in den AGB Bund nicht vereinbar mit den Gewährleistungs- und Haftungsbedingungen von Open Source Lizenzen. Die Vertragsverhältnisse bei OSS, die möglichen Vertragstypen und die gänzlich andere Kosten- und Verantwortlichkeitsstruktur von OSS Dienstleistern werden nicht berücksichtigt. Eine entsprechende Anpassung ist momentan auch nicht in der laufenden Revision der AGB Bund (Fussnote 4) vorgesehen.

Aus diesen Gründen sollen die Rahmenbedingungen mit den AGB bei den Ausschreibungen angepasst werden, damit OSS Anbieter gleich lange Spiesse erhalten.

Dazu könnte den beschaffenden Stellen ein verbindliches Handbuch zur Verfügung gestellt werden, in dem beschrieben ist, wie im Rahmen von öffentlichen Informatik-Ausschreibungen auf Besonderheiten von OSS (Lizenzen, Copyleft, Verantwortlichkeiten, Haftungsaufteilung, Geschäftsmodellen etc.) Rücksicht zu nehmen ist.

Die Bekanntheit und Verwendung der Open Source Lizenz „GPL der SIK“ (Fussnote 5) soll gefördert werden, da sie der Verwaltung die Veröffentlichung von Open Source Software unter schweizerischem Urheberrecht erlaubt.

Fussnoten

1. http://www.isb.admin.ch/themen/strategien/00745/00750/index.html

2. Siehe Dr. Ursula Widmer: „Gutachten betreffend Rechtsfragen bei Beschaffung und Einsatz offener Software in der Schweizerischen Bundesverwaltung (Projekt OPUS) vom 21. November 2003“, http://tinyurl.com/ossgutachten

3. http://www.gimap.admin.ch/grundlagen/agb/d/

4. http://www.admin.ch/ch/d/gg/pc/pendent.html

5. http://www.sik.ch/dok/GPL-der-SIK-2-0.pdf

 

Antwort des Bundesrates vom 17.02.2010

Der Bund muss jederzeit die Operabilität seiner Informatik gewährleisten. Beschaffungen von Informatikmitteln und -dienstleistungen werden auf Grundlage der spezifischen Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bundes für Informatikleistungen vertraglich vereinbart. Die einheitliche Anwendung der IT AGB des Bundes dient der Rechtssicherheit. Diese bestehenden IT AGB des Bundes werden aktuell revidiert.

Mit der Revision der IT AGB des Bundes einher geht eine Praxisänderung, wonach bei Beschaffungen die Akzeptanz der IT AGB des Bundes künftig im Regelfall als Zuschlagskriterium ausgestaltet werden soll. Die Beschaffungskommission des Bundes, in welcher die Bundesstellen vertreten sind, welche die IT AGB des Bundes verwenden, hat der Praxisänderung zugestimmt. Sie wurde im Rahmen des öffentlichen Anhörungsverfahrens über die revidierten IT AGB des Bundes im vergangenen Herbst bekannt gemacht und dabei im Bericht zu den revidierten IT AGB des Bundes erläutert. In den Vernehmlassungen seitens der IT-Branche wurde die Ausgestaltung der Akzeptanz der IT AGB des Bundes als Zuschlagskriterium bei Beschaffungen grundsätzlich begrüsst. In dieser Hinsicht erkennt der Bundesrat die Anliegen des Motionärs als erfüllt an.

Die Erarbeitung neuer bzw. zusätzlicher Inforamtik-AGB, etwa open source spezifischer, ist nicht Gegenstand der laufenden IT AGB – Revision. Nach Meinung von Informatikrechtsexperten sind die bestehenden IT AGB auch für die Beschaffung von open source Produkten verwendbar, wobei einzelne Bestimmungen jeweils bei einer Beschaffung durchaus an die konkreten Erfordernisse angepasst werden können. In der Praxis akzeptieren auch open source Software – Anbieter die IT AGB des Bundes. Gerade durch die vorstehend aufgezeigte Praxisänderung wird die Flexibilität erhöht, einzelne Bestimmungen der AGB abzuändern oder weg zu bedingen, um spezifischer verschiedene Geschäftsmodelle berücksichtigen zu können (insbes. auch OSS-Geschäftsmodelle). Die konkrete Regelung im Einzelfall hat im Vertrag zu erfolgen. Mit den in der laufenden Revision vorgenommenen Änderungen der IT AGB des Bundes und der Beschaffungspraxis verfügen die Vergabestellen des Bundes über das zur diskriminierungsfreien Beschaffung von open source Software notwendige Instrumentarium; eine weiter gehende Regelung oder Anpassung der IT AGB des Bundes erscheint dem Bundesrat deshalb zum jetzigen Zeitpunkt nicht erforderlich.