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Themen: Bundesverwaltung, Digitale Nachhaltigkeit, E-Government, E-ID, Kolumne, Referendum


Der elektronische Identitätsnachweis kommt im September zum zweiten Mal vors Volk. Kolumnistin Min Li Marti glaubt, gute Argumente für eine erfolgreiche Abstimmung zu haben.

Es gibt Vorlagen, die wir im Parlament beraten, die nur eine Minderheit interessieren. So war es beispielsweise bei der E-ID. Wir haben dieses Gesetz 2019 beschlossen, eine grosse Mehrheit stimmte zu, es war auch noch eine Zeit, in der man Technologie grundsätzlich recht unkritisch betrachtete.

SP und Grüne waren skeptisch: Die Herausgabe einer digitalen ID war für uns klar eine hoheitliche und damit staatliche Aufgabe. Diese in die Hände jener Firmen zu geben, die ein Interesse an der Anwendung und den daraus entstehenden Daten haben, lehnten wir klar ab. Eine zentrale Datenspeicherung ebenso. Ein Referendum hätten wir aber von uns aus wohl nicht ergriffen. Wären hier nicht Public Beta und die Digitale Gesellschaft in die Bresche gesprungen, hätte es wohl nie eine Abstimmung gegeben. Das Referendum war eine Kampagne der Zivilgesellschaft, die auch wesentlich von ihr getragen wurde. 64,4% der Stimmbevölkerung lehnte die E-ID ab.

Breit abgestützte Neuauflage

Kurz nach der Abstimmung reichten Gerhard Andrey, Marcel Dobler, Franz Grüter, Jörg Mäder, Simon Stadler und ich – also Mitglieder aus allen Fraktionen – eine Motion ein für eine vertrauenswürdige, staatliche E-ID ein. Und damit war der Start für die Neuauflage aufgegleist. Aber nicht nur die Rahmenbedingungen, sondern auch der Prozess unterschied sich stark zur ersten Variante. Er war partizipativ ausgelegt und nahm auch die Bedenken der Gegnerinnen und Gegner ernst.

Wir haben das Gesetz zudem in der Kommissionsberatung noch entscheidend verbessert. So haben wir sichergestellt, dass es keine Überidentifikation geben soll, also dass die E-ID nur dann zum Einsatz kommen soll, wenn es auch wirklich nötig ist, was ein entscheidender Unterschied zum ersten Gesetz ist. Zudem haben wir auch beschlossen, dass die E-ID nicht nur online, sondern auch auf dem Passbüro bezogen werden und damit erstellt werden kann, ohne dass biometrische Daten erhoben werden. Wir haben ausserdem die Datenschutz- und Speichervorschriften verschärft. Das Gesetz ist nicht perfekt, wir hätten uns beispielsweise eine weitergehende Regelung bei der Veröffentlichung des Quellcodes gewünscht.

Opposition neu formiert

Gegen das neue Gesetz wurde wieder das Referendum ergriffen. Treibende Kraft dabei sind die Piratenpartei, die auch schon beim letzten Referendum dabei waren. Auch beteiligt sind Leute aus dem rechten Spektrum wie die Junge SVP, aber auch aus dem Umfeld der Pandemie-Massnahmengegner wie Massvoll oder die Freunde der Verfassung.

Die Ablehnung wird mit einem drohenden Ausweiszwang und fehlendem Datenschutz begründet. Allerdings ist – auch aufgrund der Zusammensetzung der Gegnerinnen und Gegner – zu vermuten, dass eher eine grundsätzliche Staatsskepsis dahinter steckt. Die durch keine Lösung wie auch immer hätte gelöst werden können.

Sowohl während der Sammelphase wie auch bei der Einreichung kam es zu etlichen Streitereien im Referendumskomitee, bei denen man durchaus manchmal versucht gewesen wäre, nach Popcorn zu rufen, wenn man sich die X-Fights so angesehen hatte.

Kein Durchmarsch zu erwarten

Es wäre aber falsch zu glauben, dass der Abstimmungskampf nun ganz einfach werden wird. Denn: Es gibt eine gewisse grundsätzliche Technologie-Kritik in Teilen der Bevölkerung, die nicht ganz unbegründet ist. Zum einen, weil die technologische Entwicklung den einen oder anderen vielleicht etwas zu schnell geht. Aber vor allem auch, weil Angst und Kritik an der Datensammelwut von Privaten und dem Staat nicht ganz unbegründet sind.

Es wäre aber schade, wenn ausgerechnet jenes Projekt, das sich im Gegensatz zu vielen anderen, besonders darum bemüht hat, diese Fehler nicht zu begehen, jetzt unter die Räder käme. In diesem Sinne hoffe ich, dass die E-ID-2.0-Lösung jetzt zum Ziel führt.

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