09.09.2019 - P 95
Étape:Propositions cantonales

Der Regierungsrat wird aufgefordert, für die geplante Digitalisierungsstrategie den Begriff «Digitalisierung» in seiner Bedeutung auszuweiten. Technologische Entwicklungen betreffen viele weitere Bereiche des staatlichen Handelns und der Gesellschaft, als der Kanton und die Motion M 557 von Giorgio Pardini aufzugreifen gedenken. Es soll eine umfassende «Digitale Strategie Luzern» entstehen.

Begründung: Der Regierungsrat nimmt das Thema Digitalisierung sehr einseitig wahr: Für die Luzerner Regierung ist das Thema Digitalisierung einzig ein Organisation- und Informatikprozess für die digitale Abwicklung von «Amtsgeschäften». Die vorgeschlagene Digitalisierungsstrategie hat gemäss Stellungnahme zur Motion M 557 drei Ziele: Die kunden- und dienstleistungsorientierte Verwaltung, Prozessoptimierung sowie Schaffung der dafür nötigen organisatorischen, finanziellen, rechtlichen und technischen Voraussetzungen.

Sowohl die Grünen als auch Bevölkerung und Wirtschaft verstehen unter dem Begriff «Digitalisierung» jedoch viel mehr. Technologische Entwicklungen betreffen viele weitere Bereiche des staatlichen Handelns und der Gesellschaft. Es seien hier als Beispiele genannt:

 die Umgestaltung der Verkehrssysteme durch smarte Mobilität,

 regionalpolitische Entwicklungschancen durch «smart villages»,

 die nötigen Ressourcen und Kompetenzen für die kantonale Datenschutzstelle,

 die Veränderung von Arbeitsmodellen in der kantonalen Verwaltung,

 die Veränderung der Schulen und ihrer Vermittlung von digitalen Kompetenzen für Schülerinnen und Schüler, koordiniert auf allen Stufen,

 Veränderungen der Wirtschaftsstrukturen und des Luzerner Arbeitsmarkts und die damit verbundenen sozialpolitischen Herausforderungen.

Dies sind nur einige Beispiele. Die Luzerner Digitalstrategie soll umfassend und unvoreingenommen Chancen, Risiken und Handlungsbedarf abklären. Im Legislaturprogramm 2019–2023 wird Digitalisierung in verschiedenen Bereichen angesprochen, die Strategie soll sich aber auf Informatik und E-Government beschränken. Die Stellungnahme der Regierung zur Motion M 557 nennt ebenfalls Begriffe wie Bildung und Datenschutz, ohne diese dann als verbindliche Teile der Strategie zu inkludieren. Die Motion M 557 fasst den Digitalisierungsbegriff zuerst ebenfalls weit, beschränkt den geforderten Bericht dann aber auf die kantonale Verwaltung sowie auf ein Kapitel zu Institutionen, bei denen der Kanton Eigner ist beziehungsweise Mehrheitsbeteiligungen aufweist.

Sowohl der Bund als auch die Stadt Luzern verfügen über eine Digitalstrategie beziehungsweise arbeiten sie gerade aus. In beiden Fällen geht der Digitalisierungsbegriff weit über E-Government und Prozessoptimierungen in der Verwaltung hinaus. Stattdessen suchen beide Ebenen die Zusammenarbeit mit vielfältigen Partner-Organisationen, Unternehmen und der Bevölkerung, um den Lebensraum digital und zukunftsfähig zu gestalten. Auch andere Kantone verstehen Digitalisierung als Prozess weit über die Verwaltung hinaus – im 2001KR.2019-0418 / P-95 Kanton Waadt umfasst die digitale Strategie beispielsweise die Facetten Daten, Infrastrukturen und Sicherheit, Begleitung von Menschen, Begleitung von Unternehmen und Governance. Damit Luzern die Digitalisierung im Kanton mitgestalten kann, benötigt er einen umfassenden Blick. Nur so kann der Kanton koordinierte Handlungen mit privaten und gesellschaftlichen sowie anderen öffentlichen Akteuren angehen.

Estermann Rahel