Ziel verfehlt! Am Open Hearing zur URG Revision zeigt sich, dass dem Internetzeitalter nicht gerecht wird


Themen: Creative Commons, Digitale Nachhaltigkeit, Open Hearing, Urheberrecht, Vernehmlassung, Wikimedia
Der Entwurf: Mehr vom Bisherigen?
Die Revision des Urheberrechtsgesetzes der Schweiz steht bevor. Das Urheberrecht ist ein zentraler Brennpunkt der digitalen Nachhaltigkeit: Das Internet verändert Bedingungen, Ressourcen und Ökosystem von UrheberInnen massiv. Die schrankenfreie Verfügbarkeit von Wissensgütern im Internet ist eine Voraussetzung für das Erschaffen und Teilen von Kultur, Kunst und Erkenntnis im digitalen Raum. Das Reformbegehren führte zu einem Entwurf, der von der Parlamentarischen Gruppe Digitale Nachhaltigkeit (Parldigi) in der Vernehmlassung 2016 kommentiert wurde. Leider wurden zentrale Anliegen der digitalen Nachhaltigkeit nicht berücksichtigt. Parldigi lud daher in der Sommersession 2018 zum Open Hearing im Bundeshaus ein.
Der Entwurf sieht die Ausweitung der Schutzansprüche (z.B. Lichtbildschutz, Verlängerung von Schutzfristen) und als Folge weitere Gebührenpflichten vor. Reguliert wird auf Seiten der Internet-Hosting-Dienste. Die Massnahmen zur Verhinderung von Piraterie wäre Sache der Hosting-Dienste, die Erhebung der Gebühren ist dabei wie bisher Sache von bewilligten, privaten Verwertungsgesellschaften wie SUISA oder ProLitteris.
Open Hearing zum Entwurf
Das Inputreferat von Catherine Chammartin, Direktorin des Instituts für Geistiges Eigentum, beleuchtet den Entstehungsprozess und die Inhalte des Gesetzesvorschlags. Bei der anschliessenden Diskussion vertraten Anna Mäder-Garamvölgyi (Präsidentin SUISSIMAGE) und Lorenz Haas (Geschäftsführer IFPI Schweiz) die Interessen der Verwaltungsgesellschaften und Andreas von Gunten (Unternehmer und Mitglied Digitale Allmend) und Dimitar Dimitrov (EU Policy Director Wikimedia) die Forderungen der digitalen Nachhaltigkeit.
Die geladenen Referenten und Gäste waren sich uneinig: VertreterInnen der Verwertungsgesellschaften und UrheberInnen sind der Meinung, der Entwurf stelle einen ausbalancierten Kompromiss zwischen Piraterie-Bekämpfung und Zugang zu Kultur- und Wissensgütern dar. Im Zeitalter von Streamingdiensten und digitaler Vervielfältigung verhelfen die zusätzlichen Rechte tatsächlich zu einer gerechteren Vergütung für die Kultur- und Kunstschaffenden. Die Gegenseite erwiderte der Vorschlag schiesse über das Ziel hinaus: die Folgen sind die Anmassung von gemeinfreien Werken (aus der Public Domain) und die Verhinderung von Zugang und Bearbeitung von Kultur- und Wissensgütern. Sie verlangen, dass die Gesetzgeber nochmals über die Bücher gehen.
Der Vorschlag zur Revision des Urheberrechts könnte bereits in der Herbstsession 2018 im Parlament behandelt werden. Der Hergang der Diskussion kann in den Videos nachgeschaut werden:
Rosmarie Quadranti, Nationalrätin BDP und Kernteam Parldigi
Dr. Catherine Chammartin, Direktorin Institut für Geistiges Eigentum
Präsentation IGE, Catherine Chammartin
Anna Mäder-Garamvölgyi, Präsidentin SUISSIMAGE
Lorenz Haas, Geschäftsführer IFPI Schweiz
Andreas von Gunten, Unternehmer und Mitglied Digitale Allmend Dimitar Dimitrov, EU Policy Director Wikimedia
Moderation: Dr. Matthias Stürmer, Geschäftsleiter Parldigi
Thomas Weibel, Nationalrat GLP und Kernteam Parldigi
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Digitale Nachhaltigkeit müsste auch bedeuten, dass beim Ausbau der Kommunikationsnetze ein gewisser Investitonsschutz gewährleistet ist. Dies kann ganz unterschiedlich verstanden werden. Die Swisscom zum Beispiel investiert lieber in FTTS, anstatt in FTTH. Die Hintergründe sind ganz klar. Die Glasfaser kann – wie das Kupferkabel von Mitkonkurrenten gegen eine definierte Gebühr gemietet werden. Nur mit FTTH könnte der Mitkonkurrent auch höchste Geschwindigkeiten zu vernünftigen Preisen anbieten. Also setzt die Swisscom auf FTTS: Will die Konkurrenz nun die gleichen Geschwindigkeiten anbieten wie Swisscom, so hat er den kompletten DSL-Service zu erwerben. So sichert sich die Swisscom weiterhin das Monopol bei der letzten Meile – so lange wie möglich. Und der Konsument bezahlt den Umweg über die FTTS, plus verzögert sich der Ausbau FTTH massiv. Volkswirtschaftlich inakzeptabel!
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Ein „Open Hearing“ an dem der Lichtbildschutz ausführlich debattiert wird, jedoch ohne einen Vertreter der Arbeitsgruppe Lichtbildschutz oder einen Fotografen teilnehmen zu lassen, etwas sonderbar.
IGE-Direktorin Chammartin sei gedankt, dass sie die stets überbordenden Schwarzmalereien eines Andreas von Gunten mit ihren nüchternen und zutreffenden Argumenten entkräftet hat.
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