Schlagabtausch
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Themen: Kt. Solothurn, Presse


Meinungsartikel in der Solothurner Zeitung vom Sonntag, 19. Juli 2009

Schlagabtausch

Der pionierhafte Schritt der Solothurner Informatik, Abschied vom ebenso altbekannten wie wenig geliebten Windows zu nehmen und Linux einzuführen, wurde heftig kritisiert. Doch was ist an der neuen Open Source Lösung derart umstritten, dass solch technische Diskussionen in die Tagespresse vordringen? Gilt etwa der ‚eidgenössische Dreisatz‘ «Das haben wir noch nie so gemacht – Das haben wir schon immer so gemacht – Da könnte ja jeder kommen»?

Von Open Source Software wissen viele Anwender tatsächlich bloss, dass sie kostenlos heruntergeladen werden kann. Sicher richtig. Der entscheidende Vorteil ist jedoch die Lizenz, die z.B. freie Anpassungen an eigene Bedürfnisse erlaubt. Zusätzlich sind die Anwender weniger von Lieferanten abhängig. Das stärkt ihre Verhandlungsposition und sichert die Investitionen. So sinken mittelfristig die Kosten. Auch intensiviert die wieder gewonnene Wahlfreiheit den Wettbewerb unter den Anbietern. So werden Innovationen gefördert und die Preise gesenkt.

Diese Offenheit und Transparenz zeigen, dass der Wechsel von proprietärer Closed Source Software zu Open Source Software ein grundsätzlich sinnvoller Trend ist – besonders für die öffentliche Hand. Vorwiegend sind die Vorteile jedoch strategisch. Wer umsteigt sollte nicht kurzfristige Kosteneinsparungen erwarten, sondern eine höhere Nachhaltigkeit in der Informatik. Genau wie Bio-Früchte nicht unbedingt billiger oder schöner sind, aber sehr wohl nachhaltiger.

Und natürlich gilt: Open Source Software löst nicht alle Informatik-Probleme. Ein Umstieg kann Spannungen erzeugen – wie letztlich jedes Informatikprojekt. Denn die Migration Tausender Arbeitsplätze ist unabhängig der eingesetzten Lösungen weniger eine technische, sondern vor allem eine organisatorische Herausforderung. Irgendwer wird sicher mit den Änderungen nicht zufrieden sein. Und der Informatikverantwortliche wird wünschen, im vertrauten Gefängnis proprietärer Software zu sitzen statt sich in der ungewohnten Freiheit von Open Source Software zurechtfinden zu müssen. «Nobody ever got fired for buying IBM equipment» war die Erklärung dafür in den 80er Jahren, heute sind es andere Firmen.

Deshalb: Solothurner, ihr könnt stolz sein auf eure Informatik!

Matthias Stürmer
Vorstandsmitglied Swiss Open Systems User Group /ch/open und Doktorand ETH Zürich

Medienreaktion auf inside.it: Pro und Contra zur Solothurner Linux-Strategie

2 Kommentare

  • Apologies for the English! This is a very good blog post! Thank you!

    Another very important aspect of Open Source Software is the open development method in the communities. The sharing of source and the continuous improvement on the code results in better software. This doesn’t mean that each OSS (Open Source Software) software is better than proprietary code, but it’s obvious if you look at the most popular packages included in the Linux distributions. The openness in OSS also drives a high degree of standardization. Look at the very successful application servers from Jboss (with a development center in Neuchatel!). Jboss has driven the J2EE and many other standards in the Java world. These Open standards are what all the government and companies should be very interested since it will make these organizations less depended on the large companies.

    Congratulations to Solothurn indeed! The Kanton should be proud! and the kanton is definitely not alone! There are so many large companies in Switzerland and in the rest of the world that have embraced Open Source Software like Linux in the most mission critical environments, like the New York Stock Exchange…

    Of course you will have implementation pains, but let’s remember that the introduction of proprietary software was just as painful in the past, and also very costly. Selecting OSS with the right OSS vendor provides much more value! no surprise the Red Hat was added to the S&P500 just in the last few days.

    marco bill-peter

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